Ging Ihnen in den letzten Wochen vor den Wahlen die Wahlwerbung auch so auf die Nerven? Unsere Städte werden regelrecht zugeklebt mit Bildern mehr oder weniger bekannten Volksvertretern und oft sinnfreien Sprüchen. Wahlwerbung ist in der echten Werbung angekommen – inhaltsleer und austauschbar. Es geht um Schnelligkeit und kurze Aussagen gepaart mit Bildern. Reicht es wirklich, seine Zielgruppe mit plakativen Sprüchen zu informieren? Diese Frage stellt sich für jedes Unternehmen, das in irgendeiner Weise Werbung macht, nicht nur für Parteien.
Werbebotschaften
Im Grunde schließen sich Werbung und Botschaft aus. Denn Werbung soll Aufmerksamkeit erregen. Eine Botschaft ist laut Duden aber eine „bedeutungsvolle Nachricht“ – als Synonym für Botschaft kann sie neben Nachricht als Stellungnahme oder Mitteilung verwendet werden. Werbeslogans beinhalten aber keine bedeutungsvollen Nachrichten, sondern wollen zum Kauf animieren und können allenfalls unter Mitteilung eingeordnet werden. Die plakativen Kurztexte sprechen die Zielgruppen nicht an, im Gegenteil, sie zeigen, dass Worte austauschbar sind, ohne den Sprechrhythmus zu stören. Beliebigkeit reizt zur Verfremdung wie die taz aufzeigt.
Aber auch Artikelüberschriften werden inzwischen immer häufiger als Werbe“botschaften“ verfasst. Leider stehen diese Überschriften manchmal fast konträr zum Inhalt. Besonders bei Links zu Artikeln habe ich mich öfter ertappt, dass ich von der Überschrift auf den Inhalt geschlossen habe und in Diskussionen über den Artikel ganz gewaltig daneben lag. Es hat sich allerdings auch gezeigt, dass die wenigsten Mitdiskutanten den Artikel gelesen hatten, sondern ihre Kommentare nur aus der Überschrift ableiteten. Sicher dürfen Überschriften provozieren, aber sie dürfen nicht die Wahrheit verbiegen. Überschriften sollen konkret auf Inhalte verweisen, die anschließend im Artikel ausführlicher beschrieben werden.
Interessant ist, dass auch Suchmaschinen ausschließlich nach Inhalten, dem sog. Content suchen und die Seiten entsprechend bewerten. Websites mit reinen „Werbebotschaften“ fallen regelrecht durch.
Werbung muss schnell gehen, Inhalte werden zur Nebensache. Während in der Mitte des letzten Jahrhunderts Werbung noch ganze Geschichten erzählte,
gibt es heute nur noch Werbeclips, die nur wenige Sekunden dauern.
Das hat in alle Bereiche der Kommunikation Einzug gehalten und führt vermehrt zu Missverständnissen.
Sprachhülsen lassen sich beliebig kombinieren, aber regen nicht wirklich an zuzuhören. „Bullshit-Bingo“ und zeigt die sinnbefreiten Möglichkeiten von plakativen Aussagen. Eine schöne Zusammenstellung dieser Phrasenmaschinen hat der Spiegel zusammengestellt.
Kommunikation benötigt Zeit
Vielleicht führt uns dieser verkorkste Plakatwahlkampf vor, dass es bei Werbung für Unternehmen auf Inhalte ankommt. Vor allem zu Beginn meiner Selbstständigkeit wurde bei Vorstellungen darauf geachtet, dass sie nicht länger als eine „Fahrstuhlfahrt“ dauert. Für Starter ist es durchaus wichtig, dass der Kern eines Geschäftsfelds klar strukturiert und ohne lange Umschweife wiedergeben kann. So wurden Texte auswendig gelernt, die schnell in 60 bis 90 Minuten heruntergeleiert wurden, unabhängig der Teilnehmer der Treffen. Ein Dialog war nicht möglich, in den Pausen war schnell vergessen, wer was gesagt hatte.
Kommunizieren Sie Ihre Leistungen nicht als „Sprechblasen“. Natürlich ist es verständlich, dass sich Unternehmer in einer Vorstellungsrunde nicht in epischer Breite darstellen können. „Fasse Dich kurz“ oder der sogenannte Telegrammstil lässt sich nicht vermeiden. Eine Vorstellung in einer größeren Runde ist in dem Sinne kein Bewerbungsgespräch.
Vor allem rund um die Bürodienstleistungen sind die Aufgabengebiete doch recht speziell. Damit ein möglicher Interessent aufmerksam wird, müssen neben der Grundlage eines Fachgebietes spezielle Angebote und Leistungen erklärt werden. Ein Interessent muss zum Dialog angeregt werden und erkennen, dass er einem kompetenten Gesprächspartner gegenüber steht. Lieber bei einer Veranstaltung mit einer Person ein Gespräch führen, als viele Zuhörer mit allgemeinen Informationen „zutexten“.
Um einen Interessenten zu gewinnen, müssen mehrere Komponenten zusammenkommen:
- Transparente Leistung
- Kompetenz durch Fachwissen
- Bereitschaft zum Dialog
- Offen für andere Perspektiven
Es ist klar, dass solche Komponenten Zeit benötigen, um einem möglichen Interessenten zu signalisieren, dass es um ihn geht. Und das sollte das Ziel sein, dem Interessenten zeigen, dass er uns als Kunde wichtig ist und nicht als Bestandteil unseres Umsatzes.
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