Burnout im Homeoffice ist durchaus möglich, auch wenn es für manche die Frage aufwirft „burnout trotz homeoffice“? Das Homeoffice ist zwar immer häufiger im Gespräch, aber die Vorurteile halten sich wacker. Ich muss zugeben dieses „trotz“ irritiert mich dabei ziemlich. Manch einem ist offenbar nicht klar, dass die Arbeit immer die gleiche bleibt – egal ob im Büro oder in der eigenen Wohnung. Zudem kommen andere Stressfaktoren dazu.
Homeoffice – ein ganz normaler Arbeitsplatz?
Das Homeoffice ist ein Arbeitsplatz wie jeder andere auch. Und doch ist mehr. Man spart sich zwar die Anfahrt zur Arbeitsstätte, aber die Aufgaben bleiben die gleichen – manchmal allerdings unter erschwerten Bedingungen. Die Aufgaben erfordern ebenso
- Konzentration und damit verbunden fehlerfreies Arbeiten
- Zügige Arbeitsweise und entsprechende Zeiteinteilung
- Fachwissen
Nicht nur bei Selbstständige kommen Verwaltungsarbeiten, die hier zusätzliche Zeit einkalkulieren müssen. Die Arbeit zu Hause sollte sorgfältig dokumentiert werden.
Da das „Homeoffice“ nicht selten nur ein abgeteilter Platz in Wohn- oder Schlafzimmer bzw. der Küche. Das sorgt für zusätzliche Belastung. Zum einen verliert man hier seine Arbeit nie „aus den Augen“. Zum anderen müssen Unterlagen weggeräumt werden, auch wenn dafür kein richtiger Platz vorhanden ist. Das kostet zusätzlich Zeit. Der Gedanke, dass ein Laptop reicht, stimmt eben selten.
Stressfaktoren sorgen für einen Burnout im Homeoffice
Im Grunde fängt der Stress schon mit dem Satz an: „Ach, hast Du es schön, dass Du zu Hause arbeiten kannst.“
- Man ist doch zu Hause und kann mal schnell …
NEIN kann man nicht, denn die Arbeit muss gemacht werden - Die freie Zeiteinteilung
heißt nicht, dass jeder mal „schnell“ mit seinen Wünschen vorbeikommen kann - Nebenher auch noch Haushalt erledigen,
damit wird die Arbeit im Homeoffice ebenfalls zu einem „Nebenher“ - Immer Pausen einlegen, wenn man möchte.
Das Gegenteil ist oft der Fall. Weil Arbeitsplatz und Haushalt zusammenliegen, werden keine Pausen eingelegt, sondern stattdessen Hausarbeiten erledigt. - „Fein, dass ich Dich immer zu Hause erreiche. Ich habe …“
Wer im Homeoffice arbeitet, ist in dem Augenblick aber nicht zu Hause, sondern bei der Arbeit – etwas, was immer noch nicht alle Menschen verstehen - Mangelnde Kommunikation,
denn es fehlt der fachliche Austausch mit Kollegen
Multitasking ein Gerücht
Seltsamerweise glauben viele Angestellte, dass sich doch unterschiedliche Arbeiten nebeneinander erledigen lassen. Das gilt in besonderen Maße für das Homeoffice: Mittagessen kochen, während Sie noch gedanklich eine Kalkulation ausarbeiten, die Waschmaschine füllen zwischen zwei Arbeitsgängen, gewissermaßen als Ablenkung. Was im Büro das kurze Gespräch mit dem Kollegen ist, ist zu Hause die Waschmaschine, um der Arbeit mal den Rücken kehren zu können.
Inzwischen haben aber Untersuchungen ergeben, dass Aufgaben, die nebeneinander erledigt werden, meist nur ein Teil der Aufmerksamkeit gewidmet werden kann. Das bedeutet, dass die einzelnen Aufgaben langsamer erledigt werden oder dass sie oberflächlich bis fehlerhaft ausgeführt werden. Wer also seinen Arbeitsplatz verlässt, um schnell mal nach einer Maschine im Haushalt zu schauen, entspannt nicht, sondern bringt sich selbst aus dem Konzept.
Dies verdeutlicht auch ein etwas älterer Beitrag der SZ mit dem Titel „Immer schön der Reihe nach“. Der Mensch ist eben keine Maschine – auch nicht im Homeoffice. Denn diese Einstellung hat sich nur bei wenigen Menschen geändert.
Erhöhtes Risiko für Burnout im Homeoffice
Im Homeoffice in die Situation zu geraten, mit Burnout konfrontiert zu werden, ist sogar höher als an einem normalen Arbeitsplatz. Eine Überlastung wird weder vom Umfeld noch von einem selbst erkannt, sodass frühzeitig gegengesteuert werden könnte. Der klassische Ausgangspunkt für jede Burnout-Gefährdung.
Schließlich macht es der Arbeitsplatz vor Ort einfach, dass er auch außerhalb normaler Arbeitszeiten aufgesucht wird. Während der Arbeitszeit lassen sich eben doch noch andere Aufgaben erledigen und die flexible Arbeitszeit im Homeoffice erleichtert das erheblich, nachmittags mit den Kindern Hausaufgaben zu machen. Dafür wird aber bis spät in die Nacht hineingearbeitet. Die Ausrede dafür ist auch nicht von der Hand zu weisen: „Da ist endlich mal Ruhe im Haus und ich kann ungestört arbeiten.“ Aber die Belastbarkeitsgrenze ist sehr schnell erreicht.
Wer im Homeoffice arbeitet, ist nämlich viel öfter einer Mehrfachbelastung ausgesetzt, als jemand, der seinen Arbeitsplatz klar abgrenzen kann. Das muss sich jeder bewusst machen, der nur die Vorteile des Homeoffice sieht. Dass es aber genau diese Vorteile sind, die zu einem Burnout im Homeoffice führen können, ist sicher den wenigsten bewusst.
Das Problem des Burnout kommt hier deshalb eher zum Tragen, weil es eher schwierig ist, sich gegen die Familie abzugrenzen, die ihren vielen kleinen und großen Wünschen an jemanden im Homeoffice heranträgt.
Dass die Arbeit in einem Homeoffice falsch eingeschätzt wird, zeigt die Suchanfrage für meinen Blog ganz deutlich.
Ein Homeoffice braucht die Unterstützung und Verständnis von Familie und vom sozialen Umfeld, denn ansonsten kommt es zu einem ‚Burnout WEGEN des Homeoffices‘ und nicht zu einem ‚Burnout TROTZ Homeoffice‘.
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Hallo Frau Porsfeld,
ich habe das Gefühl, dass Sie wieder Spass an Ihrer Arbeit gefunden haben und ist es nicht das, was uns alle leiten sollte, der Spass an der Arbeit?
Ich glaube, dass jeder für sich den richtigen Weg finden muss, sei es HomeOffice, Office oder ein „Mischding“ halt von beiden Möglichkeiten.
Mit bestem Gruß
H. Treysse
Ich kann den Artikel und alle Kommentare dazu nur unterschreiben. Ich selbst habe jetzt 4 Jahre lang selbständig im Home Office gearbeitet. Nicht nur der Sprcuh „Selbständig arbeiten heisst selbst und ständig arbeiten“ hat sich in der Zeit für mich bewahrheitet. Er hat sich durch das Home Office meiner Meinung nach noch verstärkt. Wie schnell sitzt man noch um 20 oder 21 Uhr da, weil man ja noch eben schnell…. Auch, wie in dem Artikel angemerkt, die mangelnde Kommunikation ist ein großese Problem. Mir persönlich fehlte der kreative Input, die Sichtweise einer anderen Person auf mein ein bestimmtes Problem.
Im November 2011 habe ich daher eine Werbe-WG gegründet und mich mit zwei Frauen zusammen getan, die Dinge machen, die meine Arbeit ergänzen. Seitdem habe ich auch wieder „Feierabend“ und zwar in dem Moment, wo ich das Büro abschließe. Ich werde nicht mehr abgelenkt durch Dinge wie „mal eben die Waschmaschine anstellen“ oder „Wetter ist grad gut – mal eben schnell Rasen mähen“. Und was ich auch sehr genieße, ist das Gefühl „zur Arbeit zu gehen“. Denn wenn auch viele Leute das, was ich mache als „Arbeit“ anerkennen, war es doch bisher immer eher „ach, du bist doch sowieso zu Hause“.
Home Office? Für mich nur noch die Ausnahme!
Die Arbeit im Homeoffice wird gerade von Berufsanfängern/Existenzgründern unterschätzt. Sie sind der Meinung man könne mal eben eine Existenz aufbauen. Allerdings ist dies nicht der Fall, auch wenn Fahrtzeiten wegfallen.
Das Abschalten fällt vielen schwer und sie sind immer mit den Gedanken woanders.
Jeder Tag hat nur 24 Stunden, egal für wen.
Wer im Homeoffice arbeitet, neigt dazu, mehr als 8 Stunden pro Tag dort zu verbringen und zwar mit Unterbrechungen.Jemand mit einem Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten seines Arbeitgebers arbeitet in der Regel kontinuierlich 8 Stunden durch und kehrt physisch und psychisch ins Privatleben zurück.
Diese genaue Trennung „Privat / Büro“ ist sicherlich für diejenigen, die sich mit ihrem Beruf zu sehr identifizieren besser als ein Homeoffice. Wer sich für ein Homeoffice entscheidet, muss diese Trennung für sich selbst herbeiführen. Und das ist ein nicht ganz so einfaches Unterfangen und bedarf sehr viel Disziplin.
die Vereinsamungsgefahr wird vielfach übersehen. Aus diesem Grunde empfehle ich grundsätzlich zumindest zwei Tage in der Woche im Office zu sein, also Abstand vom HomeOffice zu nehmen, um den Kontakt zur Außenwelt nicht zu verlieren.
Hinzu kommt, dass auch in unserer Arbeitsgesellschaft gilt „Aus dem Auge aus dem Sinn“. Dieses gilt sowohl für Gehaltsanpassungen, Boni, wie auch für Beförderungen. HomeOffice wird nicht nur von Selbständigen „gelebt“.
Den zugegebenermaßen vielen Vorteilen können auch eine Menge Nachteile gegenüber stehen.