Gründungen sollen wieder mehr gefördert werden. Das möchte nicht nur die Arbeitsagentur, das steht auch im Koalitionsvertrag: „Unser Land braucht eine ‚Neue Gründerzeit‘. Wir wollen Unternehmertum und Gründergeist stärken und zu mehr gesellschaftlicher Anerkennung verhelfen.“
Die Medien sind in letzter Zeit voll von Lobeshymnen auf die Selbstständigkeit. Außer, dass der Gründungszuschuss wohl wieder etwas reichlicher bemessen wird, hat sich im Grunde nichts geändert. Ich frage mich, was mit dieser neuen Gründerwelle bezweckt werden soll.
Gründungszuschüsse sind verführerisch
Verführerisch sind sie vor allem für die, die daran verdienen. Wer einen Gründungszuschuss bekommt, sollte sich vorher überlegen, für wen oder was er ihn verwenden möchte.
- Überbrückung: Bis die ersten Einnahmen kommen, von denen man seine Existenz sicher kann, ist ein regelmäßiger monatlicher Zuschuss sehr angenehm. Zudem werden auch die Beiträge zur Krankenkasse übernommen.
- Werbung: Dazu gehört die Ausstattung von der Visitenkarte bis zum Webauftritt
- Investitionen: Software und Hardware müssen aktuell sein. Zudem müssen alle Lizenzen dafür vorhanden sein.
- Helfer: Berater und Dienstleister für Bereiche, die außerhalb der eigenen Kompetenz liegen.
Für den Existenzgründer kann der Gründungszuschuss eine Erleichterung bedeuten, aber er sollte meines Erachtens nicht ausschlaggebend für eine Gründung sein. Denn bis ein Unternehmen stabil ist, dauert es gut drei bis fünf Jahre. Viele Bürodienstleister geben nach zwei Jahren auf.
Das hat viele Ursachen. Im Bereich Bürodienstleistung scheint mir eine mangelnde Vorbereitung oft ursächlich zu sein. Ein PC und eine Ausbildung in einer bestimmten Fachrichtung ist kein Fundament für eine Selbstständigkeit. Ein Einzelunternehmer ist ein Unternehmer mit allen Pflichten einschließlich Kundengewinnung und Vermarktung.
Die Gründung im Bereich Bürodienstleistung muss gut geplant sein. Neben sehr guter fachlicher Qualifikation, muss eine Basis zur Unternehmenspersönlichkeit vorhanden sein. Der Markt ist eng, aber nicht aussichtslos, wenn die Zielsetzung stimmt.
Zu mir kommen Gründungswillige im Allgemeinen bevor sie irgendwelche Schritte in die Wege leiten. Sie informieren sich, welche Chancen sie haben, was auf sie zukommt und was sie beachten müssen. Im Grunde schon das erste Zeichen für eine Unternehmerpersönlichkeit. Sie gründen nach gründlichen Abwägen des Für und Wider nicht immer.
Beratung zum richtigen Zeitpunkt
Das eigene Umfeld ist selten ein guter Maßstab. Reichen doch die Kommentare von: „Wenn einer das schafft, dann nur Du …“ bis „Ich an Deiner Stelle würde das auf gar keinen Fall machen.“
Beratungsangebote gibt es jede Menge. Begehrt sind die Listenplätze in den Beraterbörsen, bei der eine Beratung durch Fördergelder finanziert wird. Den Berater zu bekommen, der wirklich zu einem passt, ist damit aber nicht gewährleistet.
Im Grunde sollte eine Beratung bereits stattfinden, bevor man sich selbstständig machen möchte. Diese Beratung wird allerdings durch niemanden gefördert. Dennoch lässt sich hier schon viel Geld einsparen, wenn man nicht einen Weg einschlägt, bei dem viel Geld verloren geht.
Zudem sollte Beratung auf verschiedenen Ebenen erfolgen. Oft bietet ein Berater an, alle Bereiche abzudecken
- individueller Businessplan
- Finanzielle Belange – kaufmännische Grundlagen
- Marketingstrategien über Grundlagen hinaus
- Finanzielle Belange – kaufmännische Grundlagen
Spätestens bei den Marketingstrategien wird ein Berater benötigt, der Branchenkenntnis hat. Das gilt zwar auch beim Businessplan. Allerdings geht es beim Businessplan eher um die finanzielle Entwicklung und streift Marketingstrategien eher am Rand.
Alles in allem stellt Andreas Lutz vom Verband der Selbstständigen fest: Es hat sich nichts verschlechtert. Leider hat sich auch nichts verbessert. Das betrifft vor allem die zu hohen finanziellen Belastungen bei Soloselbstständigen.
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Ein paar Anmerkungen zu ihrem Artikel:
„Wer einen Gründungszuschuss bekommt, sollte sich vorher überlegen, für wen oder was er ihn verwenden möchte.“
Der Gründungszuschuss ist grundsätzlich für die Deckung der privaten Lebensführung bestimmt. Darauf weisen die Arbeitsämter auch immer wieder hin. Und ja ich weiss, die Praxis sieht leider oftmals anders aus.
Ein Beispiel aus BW – dort wurde ein Kredit laut Berater nur dadurch möglich das der Gründungszuschuss als EK eingesetzt wurde. Diese Vorgehensweise halte ich für falsch und von Beraterseite her sogar für fahrlässig. Das Ergebnis kann ich gegenwärtig sehen – die Insolvenz steht kurz bevor bei diesem Unternehmen.
Und auch die 1:1 Vorgründungsberatung die es ja fast in jedem Bundesland gibt (Ausnahme Hamburg) wird deutlich zu selten genutzt. Die Fehler die daraus resultieren kosten Monate an Zeit und Liquidität. Gründer bemessen eine Beratung oftmals nur am positiven Ergebnis aber eben nicht daran das viele Fehler durch einen guten und qualifizierten Berater gar nicht gemacht werden.
Gerade wenn gar kein EK vorhanden wird der Schrei nach Fördermitteln oft sehr laut – und welche Steine der Staat einen in den Weg legt.
Sicherlich gibt es bei den Fördermitteln noch einiges zu verbessern, so schlecht wie Sie oftmals gemacht werden sind Sie aber eben auch nicht.Nur kennen leider die meisten Gründer und auch viele Berater maximal 10 Fördermittel bei über 1.200 verfügbaren. Da bestehen eher Informationsdefizite.
Gründer müssen sich besser vorbereiten, Verantwortung übernehmen und mehr als Unternehmer statt als Angestellter oder Fachmann denken.
Kurz: Defizite gibt es auf allen Seiten, man sollte das Beste daraus machen.
PS: Die Idee zum Blog finde ich sehr gut – von Netzwerken können schließlich alle profitieren.
Gruss Klaus
Vielen Dank für Ihren ausführlichen und informativen Kommentar.
„Und auch die 1:1 Vorgründungsberatung die es ja fast in jedem Bundesland gibt (Ausnahme Hamburg) wird deutlich zu selten genutzt. Die Fehler die daraus resultieren kosten Monate an Zeit und Liquidität. Gründer bemessen eine Beratung oftmals nur am positiven Ergebnis aber eben nicht daran das viele Fehler durch einen guten und qualifizierten Berater gar nicht gemacht werden.“
Mir scheint diese 1:1 Vorgründerberatung zu allgemein zu sein und vor allem nicht branchenspezifisch. Auch hier können gravierende Fehler vermieden werden und sei es überhaupt die Existenzgründung zu wagen.
Ich gehe natürlich in erster Linie von Bürodienstleistungen aus und frage mich mit welchen Vorstellungen hier gegründet wurde. Viel zu viele Dienstleister in diesem Bereich habe ich nach zwei Jahren aufgeben sehen.
„Gründer müssen sich besser vorbereiten, Verantwortung übernehmen und mehr als Unternehmer statt als Angestellter oder Fachmann denken.“
Und genau hier sehe ich die Gefahr, wenn jetzt wieder verstärkt zu Gründungen geraten wird.